In meinem Video Was ist die Vollendung der Seele? habe ich über die Entwicklungsstufen der menschlichen Seele bis zu ihrer Vollendung gesprochen. Darauf kam von einem Zuschauer die Frage, wie es denn danach weitergehen würde? Das ist eine logische und berechtigte Frage. Was also kommt, wenn wir die Vollendung der Seele erreicht haben? Um diese Frage beantworten zu können, müssen wir einen kleinen Ausflug in die Physik und anschließend in die Metaphysik unternehmen. Seelenentwicklung geht mit der Transformation des Bewusstseins einher. Das Wort „nach“ in der Frage „Was kommt nach der Vollendung der Seele?“ bringt die Zeitkomponente ins Spiel. Seelenentwicklung hat also mit Bewusstsein und Zeit zu tun. Wir müssen uns also damit beschäftigen, wie Zeit und Bewusstsein zusammenhängen.
Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts dachten die Physiker, dass Zeit und Raum absolut konstante Größen wären. Die Zeit verginge immer gleich schnell und der Raum sei mit seinen drei Dimensionen auch im ganzen Universum unveränderlich. Wir Menschen würden in diesem Raum-Zeit-Gerüst leben, ohne den geringsten Einfluss darauf zu haben. Raum und Zeit wäre es egal, was wir denken, was wir tun, ob wir da wären oder nicht. Daran gab es keinen Zweifel. Doch dann kam Einstein und bewies mit seiner Relativitätstheorie, dass Raum und Zeit keineswegs so stabil waren, wie man zuvor annahm. Einstein erkannte, dass sich Zeit dehnen und stauchen ließ. Für jemanden, der sich sehr schnell bewegt vergeht die Zeit langsamer als für jemanden der sich relativ zum anderen im Stillstand befindet. In der Physik nennt man das Zeitdilatation. Die Zeit vergeht auch langsamer, wenn man sich in der Nähe von großen Massen befindet. Für uns auf der Erde vergeht die Zeit langsamer als für einen Astronauten, der sich zum Beispiel auf dem viel kleineren Mond befindet. Noch viel langsamer würde die Zeit in der Nähe der Sonne vergehen. Aus diesen Beispielen wird deutlich, dass schon auf rein physikalischer Basis die Zeit nichts ist, was immer gleich wäre.
Wenn wir in die Psychologie schauen, zeigt sich das noch viel deutlicher: Kannst du dich noch erinnern, wie langsam die Zeit verging, als du noch ein Kind warst? Wie lange hat es doch gedauert, bis endlich die Schulglocke läutete und du nach Hause gehen durftest? Wenn du dein Leben heute betrachtest, hast du dir dann nicht schon oft gedacht, wie schnell die Zeit vergeht? Es hat sich etwas in deiner subjektiven Zeitwahrnehmung verändert. Irgendetwas muss sich in deinem Bewusstsein getan haben, dass die Zeit jetzt schneller zu vergehen scheint. Sogar die aktuelle Situation, in der du dich gerade befindest, kann das Zeitempfinden massiv beeinflussen. Wenn du eine Stunde im Wartezimmer deines Zahnarztes verbringen musst, bis du endlich an der Reihe bist, kommt dir das wie eine gefühlte Ewigkeit vor. Wenn du hingegen eine Stunde mit einem geliebten Menschen verbringst, vergeht die Zeit im Flug. Auf der Uhr ist jeweils nur eine Stunde vergangen, aber dein subjektives Empfinden sagt dir ganz etwas anderes.
Bewusstsein und Zeit stehen in einer äußerst dynamischen Verbindung. Für unser Bewusstsein kann Zeit mal schneller, mal langsamer vergehen. Dieses Phänomen ist schon in der dreidimensionalen Welt im menschlichen Alltag deutlich und für jeden klar nachvollziehbar zu beobachten. Noch viel intensiver erlebbar ist das in der Astralwelt. Wenn sich das Bewusstsein, aus welchem Anlass auch immer, vom physischen Körper löst, wird die Zeitwahrnehmung noch um ein vielfaches dynamischer. Menschen, die zum Beispiel ein Nahtoderlebnis hatten, kam es so vor, als wären sie tausende Jahre weg gewesen. Nach irdischer Zeitrechnung waren es aber nur wenige Minuten. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Wenn ich mich in tiefe Meditation begebe, verliere ich völlig das Zeitgefühl. Ich finde mich in einer Sphäre wieder, in der es Zeit, wie wir sie hier kennen, überhaupt nicht gibt.
Jetzt möchte ich auf die Anfangsfrage zurückkommen: „Was kommt nach der Vollendung der Seele?“ Man sollte nicht den Fehler begehen, sich die drei Seinsebenen Diesseits, Jenseits und göttliche Welt so vorzustellen, als würde man vom Erdgeschoss über den ersten Stock ins Dachgeschoss gehen und man würde auf allen drei Ebenen die gleichen Bedingungen von Zeit und Raum vorfinden. Mit dem Wechsel der Bewusstseinsebene kommt es auch zu einem völligen Wechsel der Rahmenbedingungen. Auf der göttlichen Ebene existieren Raum und Zeit, so wie wir sie hier wahrnehmen, nicht. Es gibt kein vorher und nachher, kein unten und oben. Menschen, die ein Erleuchtungserlebnis hatten, berichten von einem unbeschreiblichen zeitlosen Zustand reinster Glückseligkeit. Die Frage „Was kommt danach?“ stellt sich gar nicht mehr. Sie entstammt unserem beschränkten menschlichen Denken, das so sehr an die Grenzen der irischen Welt gewohnt ist. Auch die Frage „Wo bin ich?“ stellt sich nicht für jemandem, dessen Bewusstsein alles Seiende durchdringt.
Hier in der irdischen Welt sind wir in der Raumzeit gefangen wie Mäuse unter der Käseglocke. Das klingt vielleicht unangenehm, hat aber durchaus seinen Sinn: Durch die Beschränkungen der Raumzeit werden unsere Erfahrungen in kleine Häppchen aufgeteilt und über die Zeitachse verteilt. Erst dadurch können wir Schritt für Schritt verarbeiten, was wir erleben und nur so ist Bewusstseinsentwicklung möglich. Stell dir vor, wir würden alles auf einmal erleben. Wir wären komplett überfordert. Entwicklung könnte unter diesen Bedingungen nicht statt finden. Deswegen ist die Gliederung der Einzelerfahrungen in einen zeitlichen und räumlichen Kontext so wichtig. Wenn wir etwas besonderes erleben, verbinden wir es immer mit einem Zeitpunkt und einem Ort. Das hilft uns, Klarheit über das Erlebte zu erlangen.
Diese Struktur wird in der Astralwelt schon viel plastischer, formbarer, flexibler. Auf der göttlichen Ebene schließlich fließt alles in Eines zusammen. Es gibt nur mehr Gegenwart. Die Ausdifferenzierung in Raum und Zeit ist nicht mehr nötig, denn das Bewusstsein hat die Fähigkeit entwickelt, mit der Fülle der Eindrücke mühelos zurecht zu kommen. Es ist wie mit einem Kind, das Stützräder braucht, um Fahrrad fahren zu lernen. Ab einem gewissen Entwicklungspunkt braucht es sie nicht mehr. Die Stützräder können abmontiert werden.
Die Raumzeit, in der wir uns hier als Menschen bewegen wurde speziell dafür konzipiert, um Seelen ein Spielfeld für Erfahrungen zu schaffen und dadurch Seelenentwicklung zu ermöglichen. Auf höheren Entwicklungsstufen wird das Konstrukt in dieser rigiden Form, wie wir es hier haben, nicht mehr benötigt. Je näher man der Vollendung der Seele kommt, desto mehr löst es sich auf. Die Seele erfährt das als Befreiung. Sie wird wieder eins mit der Urquelle, aus der sie ursprünglich stammt. Leider ist dieser Zustand mit Worten nicht zu beschreiben. Man würde ihn nur in zu enge menschliche Vorstellungen zwängen. Man muss in selbst erfahren. Wer das schon einmal erlebt hat, möchte nichts anderes mehr.
Comments (1)
Großartig, vielen Dank!!! Sie haben die Gabe und den Willen, für uns (sehr) wesentliche, wichtige Dinge so / zu erklären, dass so manch einer, der ’nicht vom Fach ist‘, die Chance bekommt sie zu verstehen. Da/bei fällt mir dann doch auch noch ein, auf, man könnte meinen, manche (andere als Sie) haben die lateinische Bibel in den Kirchen in früheren Zeiten noch immer / nicht ganz überwunden (dort sind es noch immer Metaphern, was oder die soundsoviele nicht verstehen, wissenschaftliche Erkenntnisse werden soundsooft in einer Weise transportiert, die nicht für alle (genügend) verständlich ist oder für die so manchem die Grundlage, das (richtige) Verstehen fehlt (z. B. bzgl. der Klimakatastrophe, dem Universum, Brüssel), in der Medizin, so(gar) manche auch im spirituellen Bereich (Gott, Sinn, Aufgabe des Lebens, …), …, wenn ja, ich finde das ist auf feinstofflicher/er Ebene ‚hungern obwohl man gesättigt wird‘ in Anlehnung zur physischen Ebene Nahrungsmittel ohne Nährstoffe, dabei, recht überlegt, ist es, ist nicht alles schöner, kann es nicht nur dann besser werden, wenn so viele wie möglich ein entsprechend ‚hohes‘ Niveau erreichen? Hier ist bei dem einen oder anderen (noch, ’nur‘) das ‚kleines Ego‘ am ‚Werk‘ (Vorteile, Macht, …)? Eine Frage des Nicht-/Glaubens? Sein Wille geschehe, … ).